Sehr teuer – und schnell? Netgear Orbi Wi-Fi 6 (RBK852) im Praxis-Test
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Patrick Skoruppa
Der Orbi Wi-Fi 6 (RBK852) ist Netgears Topmodell unter den Mesh-Systemen und beherrscht den neusten WLAN-Standard. Wie schlägt sich das teure System im Praxis-Test?
Testfazit
gut
Bewertung
Netgear Orbi Wi-Fi 6 bietet ein hohes WLAN-Tempo, das aber hinter den Erwartungen an den neuen WLAN-Standard zurückbleibt. Dieser bringt sinnvolle frische Möglichkeiten, die den Datenverkehr im Netzwerk optimieren. Dazu kommen die bekannten guten Mesh-Funktionen. Die Einrichtung per App fällt leicht, für detaillierte Einstellungen müssen Nutzer jedoch das Browser-Menü aufrufen. Selbst hier fehlen allerdings Feineinstellungen.
Pro
- Hohes WLAN-Tempo
- Clevere WLAN-Funktionen
- Einfache Einrichtung per App
- Viele LAN-Anschlüsse
Kontra
- Etwas hoher Stromverbrauch
- Einige Einstellungen nur per Browser
- Fehlende Feineinstellungen
- Sehr teuer
Ein Mesh-System ist eine praktische Angelegenheit: Es setzt sich aus mehreren cleveren Repeatern zusammen, die sich per WLAN verbinden und Endgeräte stets automatisch dem nächsten Zugangspoint (Access Point) zuweisen – die Funktion nennt sich passenderweise "Access Point Steering". Im
WLAN-Repeater-Testvon COMPUTER BILD haben Geräte oft einen Vorteil, wenn sie einen dritten Frequenzbereich verwenden, der ausschließlich für die Kommunikation mit dem
Routerund weiteren Repeatern vorgesehen ist – denn dadurch stehen die anderen beiden Frequenzbereiche exklusiv für Endgeräte zur Verfügung. Das Mesh-System
Netgear Orbi RBK50überzeugte seinerzeit mit drei Frequenzbereichen, flottem Tempo und hoher Reichweite, war aber deutlich teurer als viele Konkurrenten. Das aktuelle Topmodell Orbi Wi-Fi 6 (Modellname des getesteten Zweiersets: RBK852) ist mit dem aktuellen, schnelleren
Wi-Fi-6-Standard (WLAN-ax)ausgerüstet, für Normalverdiener jedoch kaum erschwinglich: Das Zweierset startet derzeit bei 691 Euro (Stand aller Preise: 13. November 2020). Ist es sein Geld wert? Der Praxis-Test.
Die besten WLAN-Repeater
Welche WLAN-Technik steckt in Netgear Orbi Wi-Fi 6?
Netgear Orbi Wi-Fi 6 besteht aus einem Router und mehreren Satelliten. Sie funken per Wi-Fi 6 theoretisch mit bis zu 1.200 Megabit pro Sekunde (Mbps) im 2,4-Gigahertz-Frequenzband und mit bis zu 2.400 Mbps jeweils in zwei 5-Gigahertz-Frequenzbereichen. Dank Multi-User MIMO gelingt der parallele Datenaustausch mit mehreren Endgeräten. Mit Beamforming schicken die Orbis Daten zielgerichtet und schneller, per Band Steering schiebt das Netzwerk Endgeräte automatisch auf das beste Frequenzband. Im Praxis-Test sorgte das System durch gute Entscheidungen beim Band Steering oft für mehr Tempo, in einigen Fällen schob es das Endgerät aber auf das 2,4-Gigahertz-Band, obwohl die 5-Gigahertz-Frequenz höhere Datenraten bot.
Zu den genannten WLAN-Funktionen gesellen sich die Verbesserungen von Wi-Fi 6: Benachbarte Router kommen sich gegenseitig weniger in die Quere (Basic-Service-Set Coloring, kurz BSS Coloring), Datenpakete werden effizienter gesendet (Orthogonal Frequency-Division Multiple Access, OFDMA) und Endgeräte senken mithilfe eines neuen WLAN-Standby-Modus den Akkuverbrauch (Target Wake Time, TWT).
Anschlüsse und Stromverbrauch
Netgear Orbi Wi-Fi 6 besitzt vier LAN-Anschlüsse mit Gigabit-Tempo (1.000 Mbps), der Router zusätzlich einen WAN-Port (2.500 Mbps) zur Verbindung mit einem bestehenden Router oder Modem – im Orbi steckt kein eigenes Modem. Nutzer kombinieren auf Wunsch den WAN- mit einem LAN-Port (Port Aggregation) und erhöhen so die Geschwindigkeit auf maximal 3.500 Mbps. Der Stromverbrauch fällt mit 9,6 Watt etwas hoch aus.
Wie hoch ist das WLAN-Tempo bei Orbi Wi-Fi 6?
Um die maximale Datenrate zu messen, verwendete COMPUTER BILD im Praxis-Test zum einen ein
Notebook, das über einen 2,5-Gigabit-LAN-auf-USB-C-Adapter von Rivet Networks mit dem Orbi verbunden war, und zum anderen einen PC mit dem PCIe-Adapter TP-Link TX3000E, der sich per WLAN mit dem Orbi verband. In diesem Testaufbau erzielte der Orbi ein maximales Durchschnittstempo von 851 Mbps. Das ist vergleichweise hoch, bleibt aber hinter der Erwartung an Wi-Fi 6 zurück. Es ist unwahrscheinlich, dass der Orbi die verbleibenden 149 Mbps für Steuerdaten verwendet. Um dennoch sicherzustellen, dass der Gigabit-Port das Tempo nicht limitiert, führte COMPUTER BILD eine weitere Messung durch, diesmal direkt vom Orbi zum
Samsung Galaxy S20 Ultra 5Gmithilfe der AVM FritzApp WLAN. Das zuvor gemessene Tempo wurde dabei jedoch nicht übertroffen.
Netgear Orbi Wi-Fi 6: Einrichtung und Bedienung
Für die Nutzung des Netgear Orbi Wi-Fi 6 gibt es eine App (
Androidund
iOS); zudem lässt er sich über den Browser sowie die Sprachassistenten Amazon Alexa und Google Assistant steuern. Die Einrichtung ist dank einer leicht verständlichen Schritt-für-Schritt-Anleitung einfach, Orbi-Besitzer müssen aber vorher ein Nutzerkonto bei Netgear anlegen – das ist eigentlich unnötig. Die Bedienung per App fällt ebenfalls nicht schwer, detaillierte Einstellungen lassen sich allerdings nur per Browser vornehmen. Teilweise lässt Netgear seinen Nutzern hier nicht viele Freiheiten –störend fiel etwa auf, dass sich die 2,4- und 5-Gigahertz-Frequenzbereiche nicht als gesonderte SSIDs ausgeben lassen. Den Verbindungsstatus zeigen die Orbis am Gerät selbst nur durch die Farbe einer LED an. Wenn Sie die Unterschiede zwischen Leuchten, Blinken und verschiedenen Farbtönen nicht auswendig lernen, müssen Sie jedes Mal in die App schauen.
Orbi Wi-Fi 6 im Praxis-Test: Fazit und Alternativen
Netgear Orbi Wi-Fi 6 bietet ein hohes WLAN-Tempo, das aber hinter den Erwartungen an den neuen WLAN-Standard zurückbleibt. Dieser bringt sinnvolle frische Möglichkeiten, die den Datenverkehr im Netzwerk optimieren. Dazu kommen die bekannten guten Mesh-Funktionen. Die Einrichtung per App fällt leicht, für detaillierte Einstellungen müssen Nutzer jedoch das Browser-Menü aufrufen. Selbst hier fehlen allerdings Feineinstellungen. Die Orbis plagt das gleiche Problem wie alle anderen Mesh-Systeme: Um Ihre WLAN-Reichweite zu erhöhen, brauchen Sie mindestens zwei Geräte, da das erste per LAN-Kabel mit dem Router verbunden ist. Ein klassischer Repeater ist da deutlich günstiger. Mit einem
FritzRepeaterrichten Besitzer einer
FritzBoxmit aktueller Firmware etwa auch ein Mesh-Netzwerk ein. Bei aktuellen Speedport-Routern der Telekom klappt das mit dem hauseigenen
Speed Home WiFi.
Netgear Orbi Wi-Fi 6 (RBK852): Release und Preis
Das neue Mesh-System Netgear Orbi Wi-Fi 6 (RBK852) ist bereits im deutschen Handel verfügbar. Der Preis ist nicht ohne: Das Zweierset kostet ab 691 Euro, das Dreierset schlägt mindestens mit 1.039 Euro zu Buche. Einen einzelnen Orbi zum Nachrüsten gibt es ab 415 Euro.